Made for Advertising: Der Weg zur „schnellen Mark“ ist ein Holzweg – auch für Publisher
Made-for-Advertising-Websites sind zwar kein Novum: Seiten, die nur für Werbung gemacht sind, gibt es seit Anbeginn der Online-Werbung. Doch gerade mit dem rasanten Aufkommen von KI werden sie zur Bedrohung für das gesamte programmatische Ökosystem: sowohl für Advertiser als auch für Publisher. Wie MFA-Sites die Branche „aufmischen“ – und was ihr gegen die möglichen Gefahren tun könnt?
Made-for-Advertising-Websites: „Lockvögel“ für Werbebudgets gefährden die Branche
Sie mehren sich rasant im Netz, untergraben mit dem minderwertigen Content den Ruf von Publishern und erschüttern das Vertrauen ins programmatische Geschäft: „Made for Advertising”- oder kurz MFA-Websites. Dieses zwielichtige Phänomen existiert zwar seit der Geburtsstunde von Online-Werbung. Doch das, was zu Beginn kaum auffällig war, entwickelt sich nun zu einer regelrechten Plage, die das gesamte Programmatic-Advertising-Ökosystem krank machen könnte. Laut einer aktuellen Studie von ANA (Association of National Advertisers) erfolgte zwischen September 2022 und Januar 2023 mehr als ein Fünftel der Ad Impressions im programmatischen Geschäft auf MFA-Websites. Die Branche spricht hier vom verschwendeten Werbebudget von rund 100 Milliarden US-Dollar.
Diese Zahlen sind besorgniserregend. Vor allem, wenn wir bedenken, dass sich die Ergebnisse der genannten Studie „nur“ auf einen Teil des programmatischen Premium-Bereichs des Open Web (Real-Time-Bidding-Auktionen) beziehen. Da die MFAs auch in private Marktplätze integriert werden, fällt die Dunkelziffer sicherlich höher aus. Betrachten wir zudem das aktuelle Marktgeschehen bezüglich künstlicher Intelligenz, liegt es auf der Hand: Die KI-Technologie treibt die Sache mit den Made-for-Advertising-Websites zweifelsohne voran. Alles in allem eine alarmierende Situation, wie wir finden – und zwar sowohl für Advertiser als auch Publisher. Denn auch die Letzteren könnten sich verleitet fühlen, auf diesen Zug aufzuspringen, um ihre Werbeeinnahmen zu steigern.
„Wenn auch Publisher anfangen, MFA-Sites zu bauen, um leichter ans Geld zu kommen, begeben sie sich auf den Holzweg. Auf diese Art die ,schnelle Mark‘ zu verdienen, verwässert die Qualität seriöser Nachrichten“, meint Matthias Greiner, unser Head of Publisher, zur MFA-Problematik, „deswegen müssen und wollen wir gemeinsam dagegen antreten.“
Doch bevor wir über die Lösungen sprechen, nehmen wir das Problem selbst unter die Lupe.
Was sind MFA-Websites – und warum sind sie (immer noch) legal?
Der Branchenverband IAB UK verfasste zwar bereits 2023 einen Leitfaden zum Thema „Woran Made-for-Advertising-Websites zu erkennen sind“. Doch eine einheitliche Definition für MFA-Sites gibt es bis dato nicht – und genau hier liegt der Hund begraben. Sie stellen also eine Grauzone dar. Was wir bisher darüber wissen, ist, dass diese Art von Internetseiten gegen keine Branchenstandards des Programmatic Advertising verstößt. Denn
- sie beinhalten „echten Content“ und
- ermöglichen es Werbetreibenden, echte User zu erreichen.
Aus diesem Grund fallen sie offiziell nicht in die Kategorie „Invalid Traffic“ (IVT) – und bleiben bisher legal. Das ist die eine Seite der Medaille, die hellere. Auf der anderen, eher dunkleren Seite: Betrachten wir die Methoden solcher MFA-Sites, kann die Branche ruhig von Manipulation sprechen. Überschriften in Form von Clickbaits, dank Füllinhalte unendlich lange, mehrseitige Texte, ganze Netzwerke aus miteinander verlinkten Websites – und sogar Ad-Fraud-Taktiken wie Pixel Stuffing oder AdStacking – jedes Mittel scheint gut genug zu sein. Wofür? Ab hier beginnt die Grauzone. Alle Bemühungen solcher Angebote dienen nur einem Zweck:
- möglichst viele „Fische einzufangen“ (also maximal viel Traffic zu generieren),
- diese durch die maximale Seitenanzahl zu jagen, die größtenteils aus Werbebannern bestehen, und so
- die Ad Impressions sowie die Werbeeinnahmen in die Höhe zu treiben, während
- die User Experience (UX) und die Qualität der Message auf der Strecke bleiben.
So vorzugehen ist per se nicht verboten – und sei legitim, möchte vielleicht jemand meinen. An der Stelle erlauben wir uns die Frage: Bildet „Made for Advertising“ den Journalismus ab, den wir alle uns vorstellen und wünschen?
KI sollte für Publisher keine Nonplusultra-Lösung – und MFAs kein „Retter in der Not“ werden
Klar sind KI-generierte Inhalte schnell und einfach erstellt. Klar machen Technologien wie ChatGPT den redaktionellen Alltag effizienter. So mag eine Made-for-Advertising-Website dem einen oder anderen auf den ersten Blick als ein lukratives Geschäftsmodell erscheinen. Sehen wir jedoch das ganze Bild an, ergibt sich für die gesamte digitale Branche keine sonderlich schöne Zukunftsvision – sollten MFAs und der KI-Content die Oberhand gewinnen.
Abgesehen von einer unzumutbar schlechten UX stampfen MFA-Sites einen extrem generischen Content aus dem Boden. Das macht es für Informationssuchenden immer schwieriger, Inhalte mit einem echten Mehrwert zu finden. Es ist also nicht zu verkennen: Angesichts dieser Entwicklung wird es für euch Publisher immer wichtiger, sich aus der Informationsflut qualitativ hervorzuheben.
Auf diesem Weg mag KI ein sinnvoller Helfer sein, aber keinesfalls eine Ultimativlösung. „Anderenfalls riskiert ihr es, eines Tages festzustellen, dass die Werbebranche eure Websites für uninteressant erklärt oder euch sogar abstraft”, so Matthias. Auch im Hinblick auf die bereits eingetretene Post-Cookie-Ära werden gute Recherche, zuverlässige Quellen und journalistisches Schreibgeschick wichtiger denn je werden, um das Vertrauen der Leserschaft zu gewinnen.
Wie steht die Werbebranche zu Made for Advertising?
Auf den ersten Blick hätten MFAs das Zeug dazu, von der Werbebranche gemocht zu werden. Das tun sie teilweise auch – leider. Denn unter anderem bieten solche Seiten hohe Messbarkeit und Inventarverfügbarkeit, niedrigere Preise und gute Sichtbarkeitsraten sowie geringfügige Mengen an Invalid Traffic. Dieser Traum eines jeden Advertisers entpuppt sich bei einem tieferen Blick jedoch als eine Scheinwelt. Die Realität sieht nämlich anders aus. Diese aktuelle Eye-Tracking-Studie von ExchangeWire & Lumen Research Ltd. zeigt beispielsweise, dass Premium-Publisher eine elffach höhere Aufmerksamkeit bei Display-Anzeigen – und eine fünffach höhere bei Video-Anzeigen erzielen.
So dürfen Werbetreibende nicht vergessen, dass es sich bei den Made-for-Advertising-Websites um Folgendes handelt:
- ein minderwertiges Anzeigenumfeld,
- geringen organischen Traffic,
- eine ad absurdum geführte User Experience und darum
- kurze Interaktionszeiten mit dem Content sowie
- eine hohe Ignoranz gegenüber Werbekampagnen und
- wenig bis keinen Einfluss auf das Verbraucherverhalten.
Anzeigen, die keine Aufmerksamkeit der Zielgruppen gewinnen, führen zu keinen gewinnbringenden Geschäftsergebnissen. Vergleichbar ist es mit einer Situation im Casino: Jemand hat viele Jetons in der Hand, kann diese aber nicht gegen Bares umtauschen. Keine Aufmerksamkeit – kein Produktkauf. Das ist die Wahrheit, die nicht jeder sofort erkennen möchte, abgelenkt von den Erfolgsmetriken. Wie dem auch sei: Uns scheint es auf Dauer ein zu hoher Preis für niedrige CPIs (Cost per Impression) zu sein.
Im Umkehrschluss bedeutet es, dass ein rundum angenehmes Surferlebnis – auf optisch und inhaltlich gut aufbereiteten Publisher-Websites – nicht nur die Zielgruppenbindung stärkt. Es verbessert die Werbeakzeptanz. Außerdem scrollen loyale User langsamer, verweilen länger auf einer Seite und schenken Anzeigen deutlich mehr Aufmerksamkeit als auf den MFA-Websites. Wenn diese Fakten kein überzeugendes Argument dafür sind, gemeinsam gegen die „Made-for-Advertising-Industrie“ anzutreten, welche dann?
Unser Fazit: MFAs als Chance auf eine “schnelle Mark”?
Wir sagen: Nein. Denn jeder Holzweg führt bekanntlich in eine Sackgasse. Was jetzt wichtig zu verstehen ist: Wir alle – Publisher, Werbetreibende und Tech-Unternehmen – sitzen bei diesem eigentlich „falschen Spiel“ à la „Made for Advertising“ in einem Boot. Oder besser gesagt an einem Spieltisch. Mag es einem weniger aufmerksamen Mitspieler erscheinen, als könnten alle Beteiligten zu Gewinnern werden, lohnt es sich, die Karten auf den Tisch zu legen. Dann wird klar: Wer mit schlechtem Blatt spielt, kann auf kein gutes Spiel hoffen.
Unser Appel an die gesamte Branche lautet daher: Lasst uns unsere Asse wie Qualität und Authentizität nicht im Ärmel verschwinden, sondern zu Gamechangern machen. In einem Spiel, in dem alle als Partner gelten – und aus dem nur Gewinner hervorgehen.
Titelbild: Michal Parzuchowski / unsplash
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