KW 43: KI-Lizenzierung für Publisher, Bot-Blocking-Strategien und Prebid-Summit-Diskussionen
Die vergangene Woche zeigt deutlich: KI verändert die Publisher-Landschaft fundamental. Kleine und mittlere Publisher erhalten durch kollektive Lizenzierung erstmals Zugang zu KI-Tantiemen, parallel dazu fordern italienische Verlage eine Untersuchung von Googles AI Overviews wegen drastischer Traffic-Verluste. Publisher überdenken zudem ihre Bot-Blocking-Strategien – und The Trade Desk sorgt mit OpenAds für Diskussionen auf dem Prebid Summit.
Kollektive KI-Lizenzierung eröffnet neue Erlösquellen
Kleine und mittlere Publisher können erstmals von KI-Tantiemen profitieren – allerdings nicht durch Consumer-LLMs wie ChatGPT, sondern durch Enterprise-RAG-Systeme. Dow Jones‘ Factiva hat in den letzten zwei Jahren rund 5.000 Publisher aus seinem 30.000-starken Netzwerk für KI-Lizenzierung gewonnen und fungiert als Vermittler zwischen Publishern und Unternehmenskunden. Das System funktioniert über Retrieval Augmented Generation (RAG), bei dem Unternehmen ihre privaten LLMs mit lizenzierten Inhalten füttern.
Für euch bedeutet das konkrete Einnahmen pro RAG-Abfrage, da Factiva ein nutzungsbasiertes Abrechnungssystem über eine spezielle API implementiert hat. Besonders interessant: Nischen-Publisher mit Fachexpertise sind gefragt, da Unternehmen qualitativ hochwertige, vertrauenswürdige Inhalte für ihre spezialisierten KI-Anwendungen benötigen. Die Copyright Clearance Center zahlt bereits über 50 Millionen Pfund jährlich an Publisher aus, wobei die Hälfte aus Unternehmenslizenzen stammt.
Google legt neue Zugeständnisse zur EU-Digital-Markets-Act-Prüfung vor
Google hat der Europäischen Kommission neue Vorschläge unterbreitet, um eine drohende Kartellstrafe nach dem Digital Markets Act (DMA) abzuwenden. Ziel ist es, die langjährige Kritik spezialisierter Suchdienste und Preisvergleichsportale zu entschärfen.
Im neuen Vorschlag sagt der Suchmaschinen-Riese zu, Drittanbietern künftig gleichberechtigten Zugang zu Suchergebnissen zu gewähren. Vertikale Suchdienste sollen ihre eigenen Informationsboxen direkt in den Ergebnissen platzieren dürfen. Die EU-Behörden prüfen nun, ob die Anpassungen den Anforderungen des DMA entsprechen.
Italienische News-Publisher kämpfen gegen AI Overviews wegen Traffic-Verluste
Die italienische Zeitungsverleger-Vereinigung FIEG hat bei der Kommunikationsaufsicht Agcom eine formelle Beschwerde gegen Googles AI Overviews eingereicht. Der Vorwurf: Die KI-generierten Zusammenfassungen seien ein „Traffic-Killer“, der die Existenz von Nachrichtenverlagen bedroht. Koordiniert von der European Newspaper Publishers‘ Association zielen ähnliche Beschwerden in mehreren EU-Ländern darauf ab, die Europäische Kommission zu einer Untersuchung unter dem Digital Services Act zu bewegen.
FIEG argumentiert, dass Google nicht nur direkt mit Verlagsinhalten konkurriert, sondern auch deren „Sichtbarkeit und Auffindbarkeit reduziert und damit ihre Werbeeinnahmen schmälert“.
Publisher überdenken Bot-Blocking-Strategien wegen KI-Traffic
Immer mehr Publisher, die bisher alle KI-Bots blockiert haben, überdenken ihre Strategie. Der Grund: Zunehmender Traffic von KI-Plattformen wie Perplexity, Anthropic und ChatGPT lässt sie potenzielle Monetarisierungschancen erkennen. DataDome berichtet, dass LLM-Crawler-Traffic 2025 vervierfacht wurde: von 2,6 Prozent im Januar auf über 10,1 Prozent im August. Allein OpenAI-Crawler generierten fast 1,7 Milliarden Anfragen in einem Monat.
Ein Dilemma: Während AI-Training-Bots eure Inhalte ohne Kompensation verwenden, können AI-Search-Bots (RAG-Bots) tatsächlich Traffic zu euren Seiten leiten. Die Lösung liegt in differenzierter Bot-Behandlung: Training-Bots über Tools wie Tollbit umleiten, aber RAG-Bots durchlassen.
Anbieter wie Cloudflare, Fastly und DataDome bieten inzwischen präzise Tools zur Bot-Identifikation, damit ihr gezielt entscheiden könnt, welche Crawler Zugang erhalten.
The Trade Desk sorgt mit OpenAds für Prebid-Kontroversen
Auf dem Prebid Summit in New York sorgte The Trade Desk mit Details zu OpenAds und PubDesk für erhebliche Diskussionen. OpenAds, TTDs Version einer Prebid-Auktion, wird die Verwendung universeller Transaction IDs (TIDs) voraussetzen – im Gegensatz zu Prebids jüngster Entscheidung, TID-Sharing optional zu machen. CEO Jeff Green verteidigte die Entscheidung als Kampf für faire Auktionen: „Ich glaube nicht, dass die Auktion an sich eine Sell-Side-Sache ist. Verkäufer wollen eine faire Auktion, und Käufer auch.“
Für euch bietet OpenAds neue Transparenz-Features wie Auction Code Attestation, mit dem ihr TTDs Auktionscode überprüfen könnt, und Auction Audit für Diskrepanzen zwischen euren Einstellungen und der tatsächlichen Auktionsabwicklung. Das Sincera Integrity Signal soll Bid-Request-Manipulationen durch Reseller aufdecken. Dennoch herrscht Skepsis: Viele Teilnehmer befürchten, dass TTD das Machtgleichgewicht zu seinen Gunsten verschieben will. Mike Racic, Prebid-Präsident, warnte vor „Gaslighting über Transparenz“ und bezeichnete es als „fast lächerlich dumm“, einem Unternehmen die Kontrolle über Transparenz zu überlassen. Die Branche beobachtet gespannt, wie sich diese Spaltung entwickelt.



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