KW 49: Neues KI-Protokoll, IAB-Studie zu Addressability und Initiative gegen KI-Content-Scraping
In der vergangenen Woche: Ein neues KI-Protokoll namens AdCP will die Macht der Werbeplattformen brechen und das Open Web stärken. Parallel zeigt eine IAB-Europe-Studie Herausforderungen bei Addressability-Lösungen auf. Publisher schließen sich der RSL-Initiative an, um KI-Content-Scraping zu monetarisieren, während ChatGPT nachweislich Inhalte nutzt und dies dann bestreitet.
KI-Agenten revolutionieren programmatische Werbebuchung
Das Open Web kämpft gegen die Dominanz geschlossener Plattformen – und erhält nun Unterstützung durch ein neues Protokoll. Im Oktober 2025 stellte eine Brancheninitiative das Ad Context Protocol (AdCP) vor, einen offenen Standard für KI-gestützte Werbekampagnen. Das Besondere: Autonome Software-Agenten sollen künftig Werbung direkt zwischen euch als Webseitenbetreibern und Werbetreibenden planen und verhandeln können, ohne dass Google, Meta oder Amazon als Intermediäre dazwischengeschaltet werden müssen. Zu den Gründungsmitgliedern gehören Pubmatic, Scope 3, Yahoo und Triton sowie mehr als 20 weitere Unternehmen aus dem Werbetechnologie-Ökosystem.
Das Protokoll setzt auf dem Model Context Protocol und dem Agent-to-Agent-Protokoll auf und definiert standardisierte Schnittstellen für die Kommunikation zwischen KI-Agenten und Plattformen. Dadurch könnte die Fragmentierung im digitalen Werbeökosystem reduziert werden. Das Protokoll ermöglicht es, strukturierte Daten über Zielgruppen, Inventar und Kampagnenziele auszutauschen – und das plattformübergreifend. Werbetreibende sollen Agenten in natürlicher Sprache briefen können, die dann direkt mit euch verhandeln.
Quelle: FAZ
Addressability-Lösungen stoßen auf Akzeptanzprobleme
Cross-Platform-Datenzugriff bereitet der Branche weiterhin Kopfzerbrechen. Eine neue Studie von IAB Europe zeigt, dass 68 Prozent der Befragten dies als größte Herausforderung bezeichnen, gefolgt von Datenschutzregulierungen mit 58 Prozent und Cookie-Verlust mit 48 Prozent. Obwohl fast neun von zehn Befragten zumindest grundlegend mit Addressability vertraut sind, konzentriert sich echte Expertise vor allem auf Ad-Tech-Unternehmen und Agenturen. Werbetreibende zeigen hingegen deutliche Wissenslücken.
Für eure Monetarisierungsstrategie ist relevant: Mehr als 50 Prozent der Organisationen testen oder implementieren bereits Data Clean Rooms und Unified-ID-Lösungen. Kontextuelle Daten nutzen 46 Prozent, Seller-Defined Audiences 38 Prozent und Customer Match 36 Prozent. Die Studie macht deutlich, dass Standardisierung dringend erforderlich ist – inkonsistente Frameworks und fragmentierte Praktiken über Plattformen und Märkte hinweg bremsen die Entwicklung. Über 70 Prozent berichten von hoher Vertrautheit mit Privacy-First-Measurement, doch Attribution ohne Cookies bleibt für 53 Prozent eine Barriere.
Quelle: IAB Europe
Publisher vereinen sich gegen ungeregeltes KI-Scraping
Arena Group, BuzzFeed, USA Today Co und Vox Media haben sich dem Really Simple Licensing Collective angeschlossen – einer Initiative, die standardisieren will, wie Publisher KI-Systemen mitteilen, welche Inhalte diese nutzen dürfen und wie sie dafür bezahlen müssen. Das RSL Collective umfasst mittlerweile über 50 Partner und arbeitet daran, maschinell lesbare Lizenzierungsbedingungen in robots.txt-Dateien zu integrieren. Publisher können über das RSL-Protokoll Pay-per-Crawl- oder Pay-per-Inference-Gebühren von KI-Unternehmen verlangen.
Die Herausforderung: Diese Standards funktionieren nur, wenn KI-Unternehmen sie auch respektieren – eine echte Durchsetzung fehlt bislang. Für euch als Content-Anbieter bietet RSL dennoch eine wichtige Möglichkeit: Ihr könnt eure Lizenzierungsbedingungen standardisiert kommunizieren, ohne mit Tausenden verschiedenen KI-Systemen einzeln verhandeln zu müssen. Das RSL Collective arbeitet mit CDN-Anbieter Fastly zusammen, um KI-Bots nur dann Zugriff zu gewähren, wenn sie Lizenzvereinbarungen akzeptiert haben. Die Organisation plant, bis Ende des Jahres eine öffentliche Lizenzvereinbarung zu veröffentlichen. Das Geschäftsmodell sieht vor, dass RSL einen Prozentsatz der Lizenzgebühren erhält – ähnlich wie Spotify oder Apple. Die Höhe der Vergütung wird vom Wert abhängen, den eure Inhalte für KI-Unternehmen haben.
Quelle: Digiday
ChatGPT nutzt Publisher-Inhalte und bestreitet dies
PressGazette deckte einen bemerkenswerten Vorfall auf: ChatGPT verwendete Inhalte der Publikation und behauptete anschließend, dies sei nicht möglich gewesen. Als PressGazette das führende Large Language Model nach spezifischen Informationen aus eigenen Artikeln befragte, lieferte ChatGPT detaillierte Antworten – inklusive Fakten, die ausschließlich in PressGazette-Berichten zu finden waren. Auf Nachfrage, woher diese Informationen stammten, erklärte das System jedoch, es könne nicht auf PressGazette-Inhalte zugreifen.
Diese Diskrepanz zwischen tatsächlicher Nutzung und kommunizierter Funktionsweise verdeutlicht ein grundsätzliches Problem: KI-Systeme verwenden eure Inhalte zur Beantwortung von Nutzeranfragen, ohne dass ihr davon profitiert oder auch nur nachvollziehen könnt, in welchem Umfang dies geschieht. Der Vorfall unterstreicht die Dringlichkeit von Initiativen wie RSL, die Publisher-Inhalten einen messbaren Wert in der KI-Ökonomie verschaffen sollen. Eure Inhalte werden faktisch zur Grundlage von KI-Antworten, während Traffic und damit Werbeerlöse auf euren Seiten ausbleiben. Diese Entwicklung macht deutlich, warum standardisierte Lizenzierungsrahmen und transparente Nutzungsnachweise für die Zukunft digitaler Medienmonetarisierung entscheidend sind.
Quelle: PressGazette



